
Die dystopischen Schlagzeilen mehren sich. Warum es jetzt Sinn macht, Science-Fiction zu lesen und etwas zu üben, das viele Erwachsene vergessen haben: träumen.
Bücher, die auf verbotenen Listen stehen, Badegäste, die Menschen am Strand fangen, rassistische Kommentare auf Social Media, Brände und Wassermangel in Europa und Asien – und ein selbstverliebter Mann, der täglich die Berichterstattung dominiert. Klingt nach Sommerfrische 2025, oder? Willkommen in der neuen Normalität! Die Zahl der Menschen, die weltweit vor Verfolgung, Gewalt und Menschenrechtsverletzungen fliehen mussten, ist laut UNHCR 2024 auf 123,2 Millionen gestiegen. Das entspricht ungefähr der Bevölkerung von Italien und Frankreich zusammen. Klimakrise und Ungleichheit heizen Konflikte an, doch statt humanitärer Hilfe fließt immer mehr Geld in Waffen. Dem schwedischen Friedensforschungsinstitut Sipri zufolge stiegen die globalen Militärausgaben auf 2.718 Milliarden US-Dollar – der stärkste Anstieg seit 1988. Ironischerweise wird die Welt unsicherer, während mehr Geld für „Sicherheit“ ausgegeben wird.
Vereiste Seelen. Widerstand und Veränderung beginnen oft in der Kunst, insbesondere mit der Kunst der Worte, das wusste schon die Fantasy- und Science-Fiction-Autorin Ursula K. Le Guin. Mit „Planet der Habenichtse“ schuf sie einen der bedeutendsten utopisch-anarchistischen Texte des 20. Jahrhunderts. Literarische Dystopien nutzt auch Boualem Sansal, um gesellschaftliche Spannungen zu beschreiben. Der algerische Schriftsteller, der aufgrund seiner kritischen Haltung im Gefängnis sitzt, wird in dieser Ausgabe auf Seite 20 porträtiert. In seinem fiktiven Roman „2084 – Das Ende der Welt“ lebt der Protagonist Ati in einem Land, welches nach einem großen Atomkrieg als Einziges übriggeblieben ist. Dort werden keine Fragen gestellt, selbst wenn sich Widersprüchlichkeiten auftun. Es ist eine Welt, in der es keinen Spielraum gibt, um nachzudenken oder zu träumen. Allein die religiöse Ideologie zählt. Wie das stakkatoartige „Neusprech“ in „1984“ von George Orwell, ist Sprache in „2084“ zum Mittel der Manipulation geworden. Wenn es keine Wörter gibt, um kritische Gedanken zu haben, ist es buchstäblich unmöglich diese auszusprechen. Wer nicht mitspielt, landet im Stadion, wo öffentliche Hinrichtungen stattfinden. Misstrauen als Standardeinstellung. Sansal schreibt: „Die Gefährlichsten sind diejenigen, die nicht träumen, ihre Seele ist vereist.“
Bildet Banden! Wir können nur das verändern, was wir zu benennen wissen. Jedes menschengemachte System kann von Menschen verändert werden. Und ein Blick in die Geschichte zeigt, dass bislang noch jedes Imperium, jede Währung, jede Organisation früher oder später ein Ende hatte. Was uns heute als normal erscheint, wird es nicht für immer bleiben. Oder wie Le Guin es in Worte fasste: „Wir leben im Kapitalismus. Seine Macht scheint unentrinnbar. Dasselbe galt für das göttliche Recht der Könige.“ Wir sollten uns nicht an ein Gefühl der Ohnmacht gewöhnen, und hinnehmen, dass die Welt scheinbar ist wie sie ist, sondern lieber überlegen, wie wir darüber sprechen können, was falsch läuft und was wir in unserem Wirkungskreis tun können. Aber nicht allein.
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